„Teilhabegerechtigkeit“ – Leitantrag „Kultur ist unsere Zukunft“ markiert sozialdemokratische Positionen in der Kulturpolitik
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kulturpolitik in Dresden ist geprägt von den Ereignissen und Besonderheiten in unserer Stadt; es sind Fragen zu beantworten und Probleme zu lösen, für die kein Parteiprogramm ein Patentrezept bereit hält. Gleichzeitig bestimmen kulturpolitischen Grundsätze unsere Sicht auf die konkreten kommunalpolitische Entscheidungen.
Ein Leitantrag für den anstehenden SPD-Bundesparteitag in Hamburg mit dem Titel „Kultur ist unsere Zukunft“ – erarbeitet unter Federführung von Wolfgang Thierse – formuliert dabei einen Schwerpunkt sozialdemokratischer Kulturpolitik: Der Begriff der „Kulturellen Teilhabegerechtigkeit“ wendet den Grundwert sozialer Gerechtigkeit auf den Bereich von Kunst, Kultur und Bildung an. Anbei senden wir Ihnen den entsprechenden Ausschnitt aus dem Leitantrag im Wortlaut.
Dieser programmatische Schwerpunkt der SPD-Kulturpolitik ist für uns ein Handlungsauftrag für die Kulturpolitik in Dresden. Es gibt in der Dresdner Kulturpolitik viele Stimmen, die andere Aspekte – z.B. die Bedeutung der Innovation, die Förderung der zeitgenössischen Kunst oder den Aspekt der Wirtschaftlichkeit, durch die Förderung des Kulturtourismus – zuerst und häufig benennen und so in den Vordergrund rücken. Diese Aspekte sind wichtig für Dresden, aber mindestens genauso wichtig ist es, für die Teilhabe aller Dresdnerinnen und Dresdner am Kulturgeschehen einzutreten und ganz besonders für die Teilhabe der Kinder und Jugendlichen. In dem Leitantrag heißt es: „Eine integrierende, auch sozial engagierte Kulturpolitik kann Sozialpolitik niemals ersetzen, doch eine Sozialpolitik ohne kulturelle Dimension ist immer unvollständig.“
Wilm Heinrich
kulturpolitischer Sprecher
der SPD-Fraktion im Dresdner Rathaus
aus dem Leitantrag „Kultur ist unsere Zukunft“
für den SPD-Bundesparteitag in Hamburg
Teilhabegerechtigkeit
Soziale Spaltungen der Gesellschaft äußern sich auch kulturell. Trotz der Ausweitung des öffentlichen Kulturangebots durch die “neue” Kulturpolitik, trotz erhöhter Kaufkraft, trotz ausgedehnter Freiheit und trotz höherer formaler Bildung nahm die kulturelle Partizipation in den letzten Jahrzehnten kaum zu. Die Wahlmöglichkeiten der potentiellen Kulturnutzer sind stärker gestiegen, die kulturnahen Milieus nehmen die Angebote öfter wahr, die Zahl der Besucher von Kulturveranstaltungen aber stagniert. Wer früher nicht ins Theater, in die Oper, in Ausstellungen ging, tut das jetzt auch nicht. Die soziale Selektivität von Kultur hat sich eben nicht verringert, eher hat sich die kulturelle Spaltung zwischen Nutzung und Nichtnutzung kultureller Einrichtungen vertieft und verstetigt. Die Rede von der Wissens-, Bildungs- und Kulturgesellschaft ist nicht falsch, trifft aber eben nur höchstens auf eine Hälfte der Bevölkerung zu.
Diese kulturelle Exklusion verfestigt sich zu sozialer Exklusion. Der Gegenbegriff der Teilhabe verweist darauf, dass Sozialtransfers allein die Situation nicht verbessern werden, es vielmehr auf Fragen von Bildung und Kultur ankommt. Kulturelle Bildung, musische Erziehung werden zu einer notwendigen, nicht mehr zu vernachlässigenden Aufgabe von Gerechtigkeitspolitik, der es um Chancengleichheit und Teilhabegerechtigkeit geht. Kultur ist ein wichtiger Bestandteil des Vorsorgenden Sozialstaates, der die soziale Integration aller Menschen in die Gesellschaft als eine übergeordnete Aufgabe vieler Politikfelder ansieht. Kultur und kulturelle Bildung tragen dazu bei, Chancen für ein selbst bestimmtes Leben zu schaffen, gerechte Teilhabe und sozialen Aufstieg zu ermöglichen und durch Solidarität Sicherheit zu gewährleisten.
Hinweis: den kompletten Antrag finden Sie unter www.spd.de/menu/1722710/